Die Portugiesischen Fliesen gelten als eines der Wahrzeichen Portugals: Azulejos. Bist du auch schon einmal über diese blau-weißen, feingemusterten Fliesen gestolpert und hast dich gefragt, was die zu bedeuten haben? Toll! Du gehst mit einem wachen Blick durch die Welt: Das ist gelebte Achtsamkeit im Alltag!

Kunstvoll gestaltete Keramikkacheln sind eine ganz besondere, kulturelle Tradition in Portugal. In diesem Artikel erfährst du alles über ihre Geschichte, ihre Verwendung und Verbreitung. Portugal ist ein faszinierendes Land voller Eigenheiten, die uns weitgehend fremd sind. Daher lade ich dich ein auf eine Entdeckungstour zu einer Facette der reichhaltigen Kultur dieses Landes.

Frühgeschichte der portugiesischen Fliesen

Die Herstellung der Azulejos wurde von den eingewanderten Mauren mitgebracht und von lokalen Handwerkern übernommen und weiterentwickelt. Ursprünglich sollten mit den feingemusterten Fliesen die feinen Mosaike sowohl des Byzantinischen, als auch des Römischen Reichs nachgebildet werden.

Ein Zentrum dieser Handwerkskunst wurde Granada im Süden Spaniens, da der arabische Einfluss dort am längsten anhielt. Hier kann noch heute die berühmte Alhambra bewundert werden, die über und über mit diesen wunderschönen Fliesen bedeckt ist.

Doch in Wahrheit reicht die Geschichte der Azulejos noch viel weiter zurück. Sogar bereits in Mesopotamien wurden Gebäude mit ähnlich hergestellten Kacheln verziert. Dort wurde spätestens bereits vor 9000 Jahren Keramik gebrannt. Entsprechend viel Zeit blieb für die Verfeinerung und Weiterentwicklung dieser Handwerkskunst.

Geschichte

Geschichte

Der Name der portugiesischen Kacheln stammt aus dem Arabischen: الزليج oder in Lautsprache: az-zulaiǧ oder al-zillīj und bedeutet “polierter Stein”, “Kachelwerk”. Auf Portugiesisch und Spanisch heißen die Fliesen deshalb “Azulejos”. Aber wieso kommt der Name jetzt aus dem Arabischen, genauer gesagt dem Iran? Nun, die Iberische Halbinsel war nicht immer europäisch geprägt. Die Zeit zwischen 711 und 1492 wird auch Al-Andalus genannt. Damals waren große Teile des heutigen Spaniens und Portugals muslimisch, nicht christlich und der herrschende Adel stammte aus der arabischen Welt.

Al-Andalus wurde zum geistigen, wissenschaftlichen und kulturellen Zentrum Europas. Hier wurden viele Erfindungen gemacht oder verbreitet, von denen der Rest Europas nur träumen konnte. Deshalb wurden auch viele arabische Begriffe, zunächst ins Spanische und Portugiesische, später dann in andere europäische Sprachen entlehnt. Unter anderem der Deutsche Begriff “Azur” für eine Schattierung der Farbe Blau. Antike portugiesische Fliesen erkennt man übrigens an drei winzigen Abplatzungen auf der Kachelrückseite. Diese stammen von dem kleinen Dreifuß, auf dem die Kacheln gebrannt wurden.

Seit der Neuzeit

Seit dem 19. Jahrhundert wurden die wunderschönen portugiesischen Kacheln auch zur Dekoration von Hausfassaden, Hauseingängen und Brunnen benutzt. Eine weitere Blütezeit erlebten die portugiesischen Fliesen zur Zeit des Art Déco, des Jugendstils. Alte handgemalte Kacheln erkennst du daran, dass an zwei Seiten ein klein wenig der Glasur fehlt. Dort wo der Hersteller die Fliese beim Bemalen festgehalten hat. Seit den 1950er Jahren werden auch die Metrostationen in Lissabon mit Azulejos verschönert. Hier dürfen berühmte Künstler und Architekten farbenfrohe Wandbilder und Fresken gestalten. Seit 2014 ziert auch die U-Bahn-Station am Lissaboner Flughafen ein Azulejo-Fresko und zeigt berühmte portugiesische Künstler*innen, Literaten und Fußballspieler.

Azulejos heute

Heute findest du Azulejos überall in Portugal. Sie schmücken natürlich Klöster, Kirchen, Paläste und andere alte und imposante Gebäude. An Hausfassaden prägen sie darüber hinaus das typisch portugiesische Straßenbild. Außerdem werden sie im Inneren von Privathäusern verwendet, v.a. in Küche und Bad. Obwohl du sie dort natürlich kaum zu Gesicht bekommst. Sie kommen einzeln vor, werden aber meist zu Bildern oder Mosaiken zusammengefügt.

Im Museu Nacional do Azulejo in Lissabon kannst du dir eine beeindruckende Sammlung dieser typisch portugiesischen Kunst anschauen. Es existiert seit 1960 und zeigt einen Überblick über die Entwicklung der Fliesenkunst in Portugal, sowie einige Werke arabischer, maghrebinischer und nordeuropäischer Fliesenkünstler. Das besondere an dieser Kunstform ist, dass ihre Bilder, anders als auf Leinwand oder Holz gemalte Werke, viel beständiger sind. Sowohl gegen Verblassen und Verwittern, als auch gegen Feuer oder Überschwemmungen. Daher können uns manch antike Fliesenbilder noch heute facettenartig die Lebensrealität ihrer Hersteller zeigen. Wie beispielsweise die Stadtansicht von Lissabon vor ihrer Zerstörung durch ein Erdbeben 1755.

Heute gelten alte und antike Azulejos vielerorts als schützenswertes Kulturdenkmal. Leider werden sie auch gerade deswegen oft abgeschlagen und auf dem Schwarzmarkt an Tourist*innen verkauft. Besonders betroffen ist davon Lissabon. Da dort bereits über 25% der historischen Azulejos zerstört wurden, entstanden Gesetze und Initiativen zu ihrem Schutz und ihrer Erhaltung. Die Organisation SOS Azulejo beispielsweise hat es sich zur Aufgabe gemacht den illegalen Verkauf auf Märkten zu überwachen und einzuschränken. Außerdem ist seit 2017 der Abriss von Gebäuden mit Azulejo-Verzierung verboten.

Wo gibt es überall Azulejos?

Die Tradition, alles mit blau-weißen Fliesen auszukacheln stammt, wie wir wissen, von den Arabern. Entsprechend gibt es auch heute noch in den Ländern des Maghreb und des Nahen Ostens eine Azulejo-Tradition. Sie ist außerdem komplett über die Iberische Halbinsel verbreitet. Und mit dem portugiesischen und spanischen Kolonialismus wurde diese Handwerkskunst auch in die jeweiligen eroberten Gebiete exportiert. Tatsächlich waren es Brasilianer, die nach dem 30-Jährigen Krieg die Produktion neuer Fliesen wieder anstießen, als Europa am Boden lag. Bekannte Azulejo-Werke finden sich aber auch auf den Kanaren, in Guinea-Bissau, auf den Philippinen, Uruguay und Macau.

Funktion

Hauptsächlich wurden und werden die portugiesischen Fliesen zur Dekoration genutzt. Eine graue Hauswand sieht einfach schöner aus, wenn sie mit bunten Kacheln verziert ist. Doch die historischen Kacheln sehen nicht nur hübsch aus, sie haben auch einige ganz praktische Funktionen.

Keramische Fliesen sind auch schlicht und ergreifend haltbarer als andere Bodenbeläge oder Wandverkleidungen. Sie überdauern die Zeit, werden nicht von Motten zerfressen (Wandteppiche oder Tapeten!) und halten Überflutungen stand. Nicht zu vergessen auch die leichte Reinhaltung: Fliesen können einfach abgewaschen werden. Die längste Zeit der Nutzung von Azulejos wurde offenes Feuer in Innenräumen genutzt – und das rußt. Deshalb mussten andere Wandbehänge regelmäßig ausgetauscht oder die Wände neu gekalkt werden. Fliesen hingegen können einfach abgewaschen werden.

Fliesen an Böden und Wänden stellen außerdem einen natürlichen Brandschutz dar. In einer Zeit, in der ausschließlich offenes Feuer als Licht- und Wärmequelle verwendet wurde, ein wichtiges architektonisches Element.

Schließlich geben geflieste Böden einen sauberen und kühlen Fußbodenbelag her, anders als ein gestampfter Lehmboden oder Stroh und Binsen. In einem Land mit heißen Sommern ist so eine natürliche Fußbodenkühlung sicher ein wichtiges architektonisches Merkmal. Insgesamt schaffen geflieste Räume in heißen Ländern ein angenehmes, leicht kühleres Raumklima.

In der Kunst

Architektur

Architektur

Im Park Güell in Barcelona verwendete der berühmte Architekt Antoni Gaudí die keramische Kunst der Azulejos in verschwenderischer Fülle. Dieser Park ist bis heute eine der bedeutendsten touristischen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Er verwendete vor allem Abfälle der nahegelegenen Keramikfabriken. Antoni Gaudí und insbesondere sein Park in Barcelona inspirierten wiederum die französische Künstlerin Niki de Saint Phalle. Insbesondere zu ihrem farbenfrohen Tarot-Garten, dem berühmten Strawinski-Brunnen in Paris und den Grotten im Großen Garten in Hannover. Auch Hundertwasser wurde von Gaudís Arbeit inspiriert. Er brachte viele Gebäude mit bunten Keramikelementen nach Deutschland und in die ganze Welt.

Magazin

Die Azulejos scheinen in Portugal seit ihrer Blütezeit wenig an Bedeutung verloren zu haben. Anfang des 20. Jahrhunderts erschien ein literarisches Journal in Lissabon mit dem Namen „Azulejos“. Es war offen für neue, noch unbekannte oder unentdeckte Autoren. Viele dieser jungen Talente wurden in Portugal später jedoch noch sehr berühmt.

Eine Reise nach Portugal

Wenn du jetzt Lust bekommen hast auf die portugiesischen Fliesen, denkst du bestimmt auch schon an eine Reise nach Portugal. In Lissabon findest du, wie gesagt, das Nationalmuseum der Azulejo-Kultur. Sonntags ist der Eintritt übrigens frei. Daneben gibt es aber auch noch die wunderschöne Altstadt „Alfama“, in der du die Azulejos in freier Wildbahn bewundern kannst. Vor allem denk daran, dich nur mit der Metro fortzubewegen, denn dann kannst du in jeder Station andere Azulejo-Wandbilder bewundern. Neben Lissabon sollte Porto auf jeden Fall auf deiner Reiseroute liegen. Besuch hier die Kirche do Carmo, die Casa da Música und statte dem Mercado do Bolhão einen Besuch ab.

In einigen legalen Geschäften kannst du auch guten Gewissens ein Souvenir erwerben. Wenn du genau nachfragen willst, woher die Fliesen stammen, die dir angeboten werden, lern am besten vorher etwas Portugiesisch. Die besten Portugiesisch-Lehrer*innen findest du in unserer Liste.

Fazit

Die portugiesischen Fliesen, Azulejos, haben eine lange, eine wirklich lange Tradition und sind in Portugal allgegenwärtig. Ob an Hausfassaden, beim Besuch von Sehenswürdigkeiten, wie Kirchen oder Rathäusern, auf Plätzen und sogar in U-Bahn-Stationen findest du sie. Manche alt und verwittert, mit einigen fehlenden Kacheln. Andere neu und frisch herausgeputzt. Portugal schmückt sich seit Jahrhunderten mit seinen Azulejos und nimmt die Erhaltung und Restaurierung auch wieder sehr ernst. Portugal ist wirklich ein faszinierendes Land und ein wundervolles Reiseziel. Und das nicht nur einmal. Wenn du mehr darüber wissen willst und auch die wunderschöne portugiesische Sprache lernen willst, denk doch einmal über einen Portugiesischkurs nach. Portugiesisch kannst du bequem online von zu Hause aus lernen und bist so gerüstet für die nächste Reise. Hier kannst du eine Reihe toller Portugiesisch-Lehrer innen finden, die dich auf deinem Lernweg begleiten.

 

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