Ich denke nicht, daß in Deutschland das Siezen generell dabei ist auszusterben. Allerdings hängt es sehr stark davon ab, wo und in welcher Situation man sich befindet.
Im Internet duzen sich die meisten Leute, das ist wohl so üblich.
Wenn man im Osten Deutschlands ist, wird man als Arbeitgeber oft von Handwerkern geduzt (im Westen nie!) , und Arbeiter und Handwerker scheinen sich untereinander meist zu duzen.
An den Universitäten scheint es umgekehrt zu sein: im Westen, wo manche Unis und Professoren in der Tradition der Alt-68er (Studentenrevolution) stehen, duzen sich dort Professoren und Studenten, im Osten eher nicht (zumindest erzählte mir das ein Pfarrer, der selbst im Osten studiert hat).
Ich sieze grundsätzlich alle Fremden und Leute, die älter sind als ich (z.B. Freunde und Bekannte meiner Eltern und Geschwister) - es sei denn, ich lerne Freunde von guten Freunden kennen: wenn sich diese Freunde untereinander duzen, dann stellt man sich meist mit Vornamen vor und duzt sich sofort.
Im übrigen stimme ich Haya zu: am Arbeitsplatz und bei Geschäftstreffen wird immer gesiezt. Sogar wenn ich hören würde, daß sich dort andere duzen, würde ich davon ausgehen, daß sie vielleicht schon lange befreundet sind und sich deshalb duzen und würde deshalb jeden siezen, bis ich zum Duzen aufgefordert werde.
Und - ich nehme an, das ist in Rußland ähnlich? - wenn man sich erst einmal duzt, dann ist es schwierig und wird häufig als beleidigend empfunden, zum Siezen zurückzukehren.